Auftaktveranstaltung TdA (v.l.n.r. Birgit Wentzien,Bern Niebrügge, Rebecca Barth, Bartholomäus von Laffert, Tomas Avenarius) ©Leonhard Simon

„An der Front: Berichterstattung aus dem Krieg“ – Ein Abend voll lebendiger Diskussionen zum Thema Auslandjournalismus im Amerikahaus

Für die Auftaktveranstaltung der Fachtagung zum Auslandsjournalismus (#tda23) diskutierten Rebecca Barth (Korrespondentin ARD Hörfunk aus der Ukraine), Bartholomäus von Laffert (freier Reporter), Tomas Avenarius (Korrespondent für die Süddeutsche Zeitung im Iran und der Türkei) und Bernd Niebrügge (Korrespondent der ARD) am Freitag, 13. Januar 2023, auf der Bühne des Amerikahauses über die Höhen und Tiefen des Auslandjournalismus und was es für sie bedeutet, in Krisengebieten Bericht zu erstatten. Den Abend moderierte Birgit Wentzien, Chefredakteurin des Deutschlandfunks. Besonders spannend war es, die Gemeinsamkeiten sowie unterschiedlichen Sichtweisen der vier Journalist*innen in Bezug auf ihre Arbeit kennenzulernen.

Foto: © Leonhard Simon

Schnell waren sich alle Auslandskorrespondent*innen einig, dass sie sich als Krisenreporter*innen verstehen, nicht als Kriegsreporter*innen. Über aktive Kriegshandlungen zu berichten mache nur einen Bruchteil ihrer Arbeit aus. Die Arbeit im Auslandsjournalismus beginne zuerst mit einem unvoreingenommenen Interesse an einem Land oder an einer Kultur. Oft begleite man schon lange im Voraus die Ereignisse vor Ort, erzähle die unterschiedlichen Geschichten der Bevölkerung und skizziere man die Entstehung des Konflikts – letzteres oft ohne es zu wissen. Das sei ein wichtiger Bestandteil des Auslandsjournalismus. Einen täglichen Kampf liefere man sich aber mit dem Interesse der Öffentlichkeit an einem Thema. Ein tatsächliches Kriegsgeschehen steigert die mediale Aufmerksamkeit und damit die Reichweite eines Themas exponentiell.
 

Einig war man sich ebenfalls bei dem hohen Stellenwert der lokalen Ortskräfte. Ohne diese hätte man vielerorts nicht die Möglichkeit so zu berichten, wie es erwartet werde. Die Ortskräfte sind laut der Sprecher*innen unerlässlich für den Zugang zu Land und Leuten und es sei bedauerlich, dass sie bis heute noch nicht die Anerkennung bekommen, die sie verdienen. Stringer (Personen, die dabei helfen, eine Story zu arrangieren und Informationen für diese zu sammeln), Producer, Autor*innen und andere lokale Unterstützer*innen werden zum Teil überhaupt nicht oder zu selten im Abspann einer Berichterstattung genannt. Auch würden diese bei Evakuierungsplänen oder anderen Sicherheitshemen oft vergessen, obwohl sie doch für die Berichterstattung für ausländische Medien ihr Leben riskieren.

Kontroversen gab es bei der Fragestellung, inwieweit man Einfluss auf die Themensetzung der Medienlandschaft nehmen könne. Die dienstälteren Fachleute vertraten die Ansicht, dass bereits viel geschehen sei und man durchaus mit gezielten Langzeitreportagen etwas zur Themensetzung beitragen könne. Den jüngeren Journalist*innen war das aber noch nicht genug. Sie forderten mehr Mut der Leser*innen, Hörer*innen und Zuschauer*innen, Diversität in der Berichterstattung einzufordern.

Die unterschiedliche Meinung der Generationen griff die Moderatorin gekonnt auf, indem beide Parteien noch einen kurzen Ratschlag in zwei Sätzen mit auf den Weg geben durften. 
Anschließend wurde das Gespräch für das Publikum geöffnet. So gab es unter anderem praktische Tipps für freie Journalist*innen und eine Debatte um die moralische Vertretbarkeit über das Geldverdienen mit der Berichterstattung über Krisen und Konflikte.
 

Die Diskussionen und der Wissensaustausch beschränkten sich aber nicht nur auf das Geschehen auf der Bühne. Im Nachgang an die Podiumsdiskussion tauschte man sich bei dem ein oder anderen kühlen Getränk und Häppchen im Foyer aus. Neue und alte Bekanntschaften wurden gemacht, bevor es am nächsten Morgen mit der Fachtagung im Gebäude der Süddeutschen Zeitung weiterging.
 

Organisiert wurde der Abend vom journalists.network e.V . Der Verein ist ein Zusammenschluss junger Journalist*innen, der sich der Förderung der Auslandsberichterstattung widmet. Ziel seiner Arbeit ist es, die Auslandsberichterstattung in Deutschland zu fördern und die außenpolitische Kompetenz junger Medienschaffender zu stärken. Hierfür organisiert der Verein seit 1995 Recherchereisen in Europa, Afrika, Asien und Lateinamerika sowie Hintergrundgespräche zu außenpolitischen Themen. Im Kuratorium des Vereins engagieren sich unter anderem ZEIT-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, NZZ-Chefredakteur Eric Gujer und Peter Kloeppel, Chefmoderator RTL.

Weitere Informationen zum Tag des Auslandsjournalismus finden Sie hier: https://tag-des-auslandsjournalismus.de/

https://journalists-network.org/